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Astroturm Remplin

15 Jahre Wiederaufbau der ältesten Sternwarte Mecklenburgs

In dem kleinen Dorf Remplin, zwischen Malchin und Teterow gelegen, befindet sich eine Sternwartenruine aus dem 18. Jahrhundert. Sie wurde von dem Grafen Friedrich von Hahn (1742-1805) um 1793 eingerichtet. Das ursprüngliche Gartenhaus erhielt 1801 eine bauliche Ergänzung -- den Sternwartenturm. Die instrumentelle Ausrüstung des Hahn'schen Observatoriums (in der Umgangssprache der Einwohner wurde daraus der "Ochsenturm") war sehr großzügig. Neben den Geräten für die Positionsbestimmung der Gestirne, der Cary-Kreis und das Dollandsche Mittagsfernrohr, waren auch lichtstarke Spiegelteleskope vorhanden.

Der Cary-Kreis war ein Vollkreis mit einem Durchmesser von 25 Zoll. Das Fernrohr hatte eine Brennweite von 33 Zoll und eine Öffnung von zwei Zoll. Es wurde mit einer Meridiansäule, die auf dem Feld stand, justiert. Diese, bis heute erhaltene Säule wird in den nächsten Jahren wieder in der Nähe des Beobachtungsturmes aufgestellt. Der Cary-Kreis gelangte zusammen mit einem vierfüßigen Mittagsfernrohr und einem einfüßigen Universal-Äquatorial nach dem Tode Hahns durch Vermittlung des damaligen Direktors der Berliner Sternwarte Johann Elert Bode (1747-1826) nach Königsberg. Dort wurden sie ab 1810 in der von Friedrich Wilhelm Bessel (1784-1846) geleiteten, neu errichteten Universitätssternwarte als Hauptinstrumente genutzt. Besonders die beiden erstgenannten Fernrohre gehörten zu den Instrumenten, die höchste Präzision in der Bestimmung der Gestirnsorte ermöglichten. Durch den Briefwechsel von Bessel mit Carl Friedrich Gauß (1777-1855) und Heinrich Wilhelm Olbers (1758-1840) liegt uns ein sachliches Urteil über diese Instrumente vor. Bessel äußerte sich hier sehr lobend über die Hahn'schen Ger&aauml;te. Der Cary-Kreis befindet sich heute im Deutschen Museum in München und ist hier in die neue Astronomie-Ausstellung integriert.

Insgesamt erhielt Bessel aus dem Nachlaß des Grafen Hahn sieben Instrumente (neben den genannten noch einen Kometensucher, zwei Spiegelsextanten und eine Pendeluhr). Damit setzte sich die Erstausstattung der Königsberger Sternwarte fast vollständig aus den ehemaligen Rempliner Beständen zusammen.

Außer den Präzisionsinstrumenten besaß F. v. Hahn drei Spiegelteleskope, deren Spiegel von Friedrich Wilhelm Herschel (1738-1822) selbst geschliffen waren. Nach den Riesenspiegeln von Johann Hieronymus Schroeter (1745-1816) in Lilienthal und Gottlieb Friedrich Schrader (1763-1833) in Kiel sind die Hahn'schen Spiegel die größten auf dem europäischen Festland gewesen. Die beiden großen Teleskope hatten eine Länge von 20 Fuß und Öffnungen von 18 bzw. 12 Zoll. Die Maße des kleineren waren sieben Fuß Brennweite und acht Zoll Öffnung. Über den Verbleib dieser "optischen Riesen" gibt es sich widersprechende Angaben.

Die Rempliner Sternwarte war das erste astronomische Observatorium Mecklenburgs. Leider wurde sie nur bis zum Tode des Grafen am 9.10. 1805 als Beobachtungstätte genutzt. Im Jahre 1842 ist die drehbare Kuppel aus unbekannten Gründen durch eine feste ersetzt worden. Der weitere Verfall dieser Sternwarte begann 1857 mit dem Abriß des Hauptgebäudes. Es blieb nur der Turm, der eine Außentreppe erhielt und in den darauffolgenden Jahrzehnten als Aussichtsturm genutzt wurde. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges ist er schwer beschädigt worden. In den anschließenden Jahren gingen die Zerstörungen durch Vandalismus weiter, so daß der Turm, als wir (damals eine Schülerarbeitsgemeinschaft -- heute ein Verein) ihn 1980 zum ersten Mal sahen, nur noch eine Ruine war, die einzustürzen drohte.

Es begann ein langes Ringen mit den verschiedensten Behörden, bis die Arbeiten, die wir durchführten, von den damaligen staatlichen Stellen als nützlich angesehen wurden. In den ersten Jahren räumten wir gewaltige Mengen Schutt weg und vermaßen die gesamte Sternwarten-Anlage, so daß auf dieser Grundlage eine denkmalpflegerische Konzeption entstand. Seit 1985 ging es dann um die Sicherung der Bausubstanz und erst danach um den langsamen Wiederaufbau. Die Beschaffung von Baumaterial stellte oft eine fast unlösbare Aufgabe dar. Alte Abrißscheunen waren unsere beliebtesten Materialquellen. Wenn wir die damalige Zeit mit der heutigen vergleichen, so war während der DDR-Zeit meistens das Geld vorhanden, aber kein Material, im Gegensatz zu heute, wo das Geld die entscheidene Größe geworden ist. Doch seit Ende der achtziger Jahre schätzen die politischen Vertreter und die Verwaltungsämter der kleinen Gemeinde Remplin unsere Arbeit. Die zweite Etage ist neu entstanden, und wir sind zuversichtlich, daß in den nächsten Jahren auch die oberste Etage mit der Drehkuppel von uns fertiggestellt wird. Es ist ein Projekt entstanden, das die Arbeiten bis zur völligen Wiederherstellung darlegt und beschreibt, welche Arbeiten unser Verein übernimmt und diejenigen, die durch Spezialfirmen erledigt werden. Wir hoffen, dieses kulturhistorische Denkmal bis zum 200. Geburtstag des Sternwartenturms wieder als Sternwarte in Betrieb nehmen zu können.

Dietmar Fürst