Die Stereofotografie ist eine faszinierende Angelegenheit. Fast jeder
ist begeistert, wenn er gut gemachte Stereobilder betrachtet -
kaum jemand versucht jedoch, selber solche Aufnahmen zu machen. Der Grund
dafür ist wohl der zusätzliche Aufwand bei der Fotografie und die
i.a. aufwendige Technik die benötigt wird, um Stereobilder vernünftig
zur Anzeige zu bringen.
Auch in der Astronomie kann man mit 3D-Bildern tolle Effekte erzielen,
doch hier sind die entsprechenden Versuche noch spärlicher gesät. Zwar
wurden in früherer Zeit häufig astronomische Anaglyphenbilder
und Stereobildpaare produziert und veröffentlicht, im Moment ist dieser Zweig jedoch
im tiefsten Dornröschenschlaf.
Ich erhielt die Anregung zur Stereoskopie von Kurt Hopf,
der von der Volkssternwarte Hof aus schon seit langem fleißig für
die Stereo-Astrofotografie wirbt. Da ich sowieso sehr leicht für 'Spielereien' in der
astronomischen Bildverarbeitung zu begeistern bin, habe ich sofort probiert,
ein paar eigene Stereobilder aus vorhandenem Bildmaterial zu gewinnen.
Zuerst mußte der Planet Jupiter herhalten. Ein gut geeignetes Stereobildpaar
des Planeten erhält man, indem man ihn 2x im Abstand von 10 Minuten aufnimmt.
Dann ist er etwas mehr als 5 Grad rotiert und die Bilder sollten eine gute
räumliche Darstellung liefern.
Natürlich fand ich nicht zufällig passende Bilder auf meiner Festplatte. Vor
ein paar Monaten hatte ich jedoch die Hofer Planetenvideos
ausgewertet, und von denen existierte eine Planetengesamtkarte. Aus dieser Karte
kann ich den Anblick des Planeten zu jedem beliebigen Zentralmeridian zurückrechnen
(wie zum Beispiel für die Rotationssequenz), also auch zwei Bildpaare mit
5 Grad Zentralmeridiandifferenz.
Gesagt - getan. Ich habe also zwei Bilder mit anwesendem GRF berechnet und zu einem Anaglyphenbild
zusammengesetzt. Das Ergebnis sieht so aus:
Ich muß ehrlich sein, daß ich vom erzielten Effekt etwas enttäscht war: Der Planet erscheint in der Rot-Blau-Brille kaum räumlich, eher noch verwaschener als vorher. Das macht der Rotationssequenz in Sachen Faszination wohl keine enrsthafte Konkurrenz... In der Diskussion bin ich dann mit Kurt Hopf darauf gekommen, daß es wohl an Kontrasten mangelt. Ein 3D-Bild muß einige scharf begrenzte Details (Krater, Sterne, usw.) zeigen, damit das Gehirn ein räumliches Bild projizieren kann. Die flauen Oberflächendetails von Jupiter sind dazu weniger geeignet.
Mein nächster Versuch galt dem Kometen Hyakutake. Wieviele
Kilometer Film sind wohl in den Monaten März und April 1996
allein vom Licht dieses unerwarteten kosmischen Besuchers geschwärzt
worden? Kein ernsthafter Amateur dürfte dieses Ereignis verpaßt haben.
Just in jenen Tagen hatten wir eine neue Videometeorkamera
gebaut, und die sah in der Sternwarte Drebach zur Beobachtung des Kometen ihr
first light (und begeisterte das anwesende ZDF-Team ;-). Da sich Hyakutake in seiner Erdnähe
um mehr als einen Vollmonddurchmesser pro Stunde bewegte, reichten bereits
zwei im Abstand von einer Stunde am 27. März gemachte Aufnahmen, um eine deutliche
Verschiebung des Kometen gegen den Himmelshintergrund zu zeigen. Diese
beiden Bilder mußten nun nur noch in die richtige Richtung gedreht
und zusammengefügt werden, und schon war das nächste Stereobild
gewonnen:
Es zeigte sich, daß die Eigenbewegung des Kometen in einer Stunde sogar schon zu hoch gewesen war, so daß ich den Himmelshintergrund in die entgegengesetzte Richtung verschieben mußte. Dafür steht der Komet nun deutlich vor den Sternen, und wenn man genau hinsieht erkennt man sogar, daß der Schweif in die Tiefe geht! Das ist doch schon etwas...
Das beste Objekt für Stereoaufnahmen dürfte aber wohl zweifelsohne
unser Mond sein. Er vereinigt scharfe und leicht aufzunehmende Details
mit der für Stereobildpaare nötigen Eigenbewegung oder Rotation (in diesem Fall
durch die Libration), so daß man recht schnell zu ansprechenden
Ergebnissen kommen sollte. Will man jedoch zwei passende Mondfotos schießen,
so muß man doch etwas Geduld aufbringen, denn das zweite Mondbild muß
nämlich etwa dieselbe Breitenlibration und Phase, jedoch eine
veränderter Längenlibration als das erste Bild aufweisen (für den
Fall, daß man wenigstens den unterschiedlichen Mondabstand in der
Dunkelkammer/am Computer korrigieren kann - sonst kommt der Erdabstand noch hinzu). Zieht man dann noch das Wetter
und Murphy in Betracht, so artet das in ein echtes Geduldsspiel aus.
Es geht jedoch auch leichter: Man nehme ein schönes Mondfoto
(in diesem Fall von Holger Müller am 15cm-Cassegrain-Leitrohr an
der Archenhold-Sternwarte Berlin gewonnen),
digitalisiere es und 'drehe' es im Rechner um einige Grad weiter. Die Mathematik
dazu ist ziemlich trivial, mein entsprechendes PASCAL-Programm lief nach etwa
einer Stunde befriedigend. Um das Bild noch etwas 'netter' zu gestalten, habe
ich noch von Hand ein paar Sterne im Bild verstreut - und das ist das Ergebnis:
Alle diejenigen, die sich auch direkt Stereobildpaare ansehen können (es geht recht gut, wenn man den richtigen Abstand vom Monitor wählt), sollten sich mal an folgendem Bild versuchen:
Ich muß sagen, daß dieses Stereobild nun wirklich meinen Vorstellungen entspricht. Man kann jetzt natürlich noch testen, ob eine geringere oder stärkere Bilddrehung besser ist, ich empfinde die 5 Grad Rotation aber als ganz angenehm.
So weit dieser kleine Exkurs in die Welt der Stereofotografie - einer Angelegenheit, die sich wirklich lohnt. Wenn mir wieder einmal ein gutes Bildpaar über den Weg läuft (Sonne, Saturn, Meteore,...), dann gibt es bestimmt ein neues Bild in meiner kleinen Stereobildgalerie. Ideen dazu können jederzeit an mich herangetragen werden!