Die Auswirkungen von Murphys Wirken gerade in der Meteorbeobachtung sind ja hinlänglich bekannt und
auch schon öfter beschrieben worden. Ob es nun Feuerkugeln sind, die genau dann kommen, wenn die
Überwachungskameras aufgezogen werden, oder ob es das technische Equipement ist, das gerade in
Maximumsnächten ausfällt - der arme Beobachter wird immer maximal geschädigt!
Ein Effekt trifft dabei besonders die Kartenbeobachter, zu denen ich mich bis vor einiger Zeit auch noch
zählte - die 'Meteorhäufungen'.
Er macht sich in etwa so bemerkbar: Man hat gerade wieder einmal 10 Minuten lang überhaupt nichts
gesehen, da leuchtet plötzlich eine Sternschnuppe auf. Man rekonstruiert also gedanklich die Bahn, wobei
bereits der nächste Meteor seine Bahn am Firmament zieht. Während man nun krampfhaft versucht ist, sich
beide zu merken, schießt vielleicht zu allem Überfluß noch ein dritter von kreuz nach quer über den
Himmel und spätestens bei dem Versuch, sich auch noch diesen zu merken, ist der 'Datenschrott' im Gehirn
perfekt und man hat alles vergessen. Dafür bekommt man dann aber lange Zeit überhaupt nichts mehr zu
sehen...
Die Frage ist nun: Sind solche Häufungen wirklich real vorhanden (was Rückschlüsse auf die Verteilung
der Partikel im Weltraum zuließe) oder handelt es sich um einen rein psychologischen Effekt, eine
Täuschung?
Um das zu entscheiden benötigt man Beobachtungen, die zwei Bedingungen genügen:
Mittlerweile liegt wieder ein Jahr meines Studiums hinter mir, darunter auch ein sehr interessantes Semester Wahrscheinlichkeitsrechnung, so daß ich das Problem nun auch von theoretischer Seite her angehen konnte. Zusätzlich lag mir in diesem Jahr eine dichte Beobachtungsreihe aus der Zeit vom 2/3. bis 8/9. August vor (über 1500 Meteore aus 60 Stunden effektiver Beobachtungszeit), die wir 3 Berliner Meteorbeobachter (K.Düber, S.Molau, M.Nitschke) beim Besuch des Lausche-Teams gewinnen konnten. Da wir dort außerhalb des Maximums beobachteten, sollte der Effekt der Häufungen noch krasser zu Tage treten als bei den Maximumsbeobachtungen des Vorjahres.
Nun kurz ein paar Worte zur Theorie: Wenn die Teilchen wirklich völlig zufällig im Weltraum verteilt wären, müßten die Abstände zwischen zwei Meteoren exponentialverteilt sein. Eine solche Exponentialverteilung ist eine Standardverteilung in der Stochastik und besitzt viele Anwendungsfälle (z.B. die Beschreibung des ß-Zerfalls radioaktiver Isotope). Für ihren Gebrauch müssen jedoch 3 Voraussetzungen erfüllt sein:
F(x<t)=1 - e exp (-lambda*t)Das bedeutet, daß 2 Meteore mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 - e exp (-lambda*t) in einem zeitlichen Abstand von weniger als t aufeinanderfolgen. Der einzige freie Parameter lambda gibt dabei die mittlere Anzahl der Ereignisse je Zeiteinheit an. In diesem Fall stellt er den Quotienten aus der Gesamtzahl der in der Nacht gesehenen Meteore und der Gesamtbeobachtungszeit dar und ist somit auch gegeben.
Es fällt sofort die sehr gute Übereinstimmung beider Graphen auf. Bei einem anderen Beobachter (Diagramm 3) wurde jedoch im ersten Intervall ein bedeutend kleinerer Wert beobachtet als theoretisch zu erwarten gewesen wäre.
Das weist darauf hin, daß dieser Beobachter eine größere Zeit für seine Eintragungen am Handgerät benötigt hat und daher eine gewisse Zahl von 'Doppelmeteoren' verpasste. Ich habe deshalb für jeden Beobachter aus der vorliegenden Exponentialverteilung eine neue Kurve berechnet, in der seine Eintragungszeit beachtet wurde. Die Eintragungszeit wurde dabei solange in Sekundenschritten vergrößert, bis sich die resultierende Kurve nach der Methode der kleinsten Quadrate am besten an die Beobachtung anpaßt. Im Ergebnis wurden für zwei Beobachter Eintragungszeiten von 1 Sekunde und für einen von 6 Sekunden gefunden. Zum Abschluß wurden die berechneten theoretischen Kurven aller Beobachter zusammengefaßt und den beobachteten Kurven gegenübergestellt (Diagramm 4).
In dieser endgültigen Form wird die Korrelation zwischen Theorie und Beobachtung am deutlichsten
sichtbar. Da die Theorie auch bei geringen zeitlichen Meteorabständen (speziell im ersten Intervall) nur
gering von der Beobachtung abweicht, kann der gesuchte Murphysche Effekt als nicht wirklich existent
eingestuft werden. Meteore treten also in ihrer Folge völlig zufällig auf und beobachtete Häufungen sind
ausschließlich statistischer Natur.
Zum Abschluß sei noch auf folgende interessante Fakten hingewiesen:
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| Intervall: 2m 00s-2m 19s | Intervall: 2m 20s-2m 39s
| K.Düber S.Molau M.Nitschke | K.Düber S.Molau M.Nitschke
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Theorie | 5,6% 5,6% 5,7% | 4,9% 4,9% 5,0%
Beobachtung | 6,7% 6,4% 7,4% | 5,5% 6,3% 7,9%
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Während alle anderen Streuungen bei der Mittelung fast völlig eleminiert wurden, blieb dieses Maximum
erhalten. Ich selbst habe für diese Abweichung noch überhaupt keine Erklärung, für eine rein statistische
Schwankung ist mir die Differenz jedoch zu groß.
Das Diagramm 5 zeigt das Ergebnis der gesamten Rechnung für das von 2 Beobachtern computergestützt beobachtete Maximum der Perseiden 1991 (Datenmaterial: über 700 Meteore aus 15 Stunden effektiver Beobachtungszeit). Zwar sind die statistischen Schwankungen auf Grund geringerer Beobachtungserfahrung und weniger Daten größer, jedoch deutet sich hier der gesuchte Murphysche Effekt vielleicht doch wenigstens bei starken Meteorströmen an.
Man kann darauf gespannt sein, was zukünftige Untersuchungen an neuen Beobachtungen bringen werden. Bei entsprechend größerer Anzahl von Beobachtungen könnte man zum Beispiel neben der Überprüfung des Ergebnisses zu Strommaxima auch getrennte Tests zu speziellen großen Meteorströmen wie den Perseiden vornehmen.